Klagefall |
Samstag, 21. Dezember 2013
Ein Gespräch in Glava Glasbruk
An der Badestelle ist ein alter Mann mit einem Fahrrad. Er spricht mich an: Woher ich käme. Jaha, aus Deutschland, das kenne er. Er habe in der Papierindustrie gearbeitet, sie hätten viele Geschäftsbeziehungen mit Deutschland gehabt, er sei in Heidenheim gewesen, auf der Messe in Hannover und in ein paar anderen Orten, die ich nicht verstehe. Die Älteren sprächen fast alle noch Deutsch, von der Schule, aber heute lernten sie das nicht mehr, lieber Spanisch oder Chinesisch. Dabei sei Deutsch einfacher, viele Wörter seien wie im Schwedischen. – Aber die Grammatik, wende ich ein. Seine Firma habe dann Personal abgebaut, er sei deshalb schon mit 62 in Rente, pensionsavtal. Aber besser so als wie sein Freund Per, der ein paar Häuser weiter gewohnt habe, da vorne am See. Der sei mit 65 gestorben, genau an dem Tag, als die Rente habe beginnen sollen. Seine Augen blitzen ein bisschen. Ja, es sei sehr schön hier, jedoch auch sehr einsam. Im Winter wohnten nur noch 50 Leute im Dorf. Aber die Straße nach Glava werde vom Schnee geräumt und die nach Lenungshammar auch. Dort sei ein Laden. Als er Kind gewesen sei, habe es in Glava Glasbruk noch zwei Geschäfte gegeben, eine Fleischerei und einen Kaufmann, der habe sogar Benzin gehabt, das man per Hand habe pumpen müssen, fünf oder zehn oder fünfzehn oder zwanzig Liter. In Ostdeutschland sei er auch mal gewesen, als er einen Freund in Polen besucht habe, 1969. Von Göteborg nach Kiel mit der Fähre und dann bei Lübeck über die Grenze. Sie hätten da anderthalb Stunden gewartet, die Grenzsoldaten seien mit Maschinenpistolen im Anschlag herumgelaufen, so. Er macht es vor. Sie hätten beim Transit einmal übernachten müssen, in Neubrandenburg und Geld umtauschen. Da hätten sie nun mit dem ganzen Geld gesessen und nicht gewusst, was sie damit machen sollten. Doch dann habe jemand eine Bierkneipe gefunden – Det kostade ju ingenting! – und es sei dann noch ein sehr fröhlicher Abend geworden. Er bedankt sich für das Gespräch. Greifswald, das sei wohl in der Nähe von Stralsund? Dann sei dort sicher auch König Karl XII. durchgeritten, im November 1714, von Moldawien her. Er geht davon aus, dass ich die Geschichte kenne und ich berichtige ihn nicht. Ich bedanke mich für das Gespräch. Er fährt weiter, auf seinem alten Fahrrad. Wir gehen baden und eine halbe Stunde später sehen wir ihn im Dorf stehen. Er hält ein Schwätzchen.
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Man muss sich ein Weblog als ein Notizbuch vorstellen, das nicht verlorengehen kann und das niemand findet. Seit 5496 Tagen glücklich auf Antville.
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